58
sich die Erde als eine Scheibe, in deren Mitte das eben angegebene Aigaiifche Meer liegt. Dieses stellt er sich als Binnenmeer vor, rings umgeben von mehr oder minder groen Inseln,- jenseits dieses Insel-Kranzes dehnt sich das unabsehbare Auenmeer mit dem alles ab-schlieenden Okeanos-Strom aus. Auen- und Innenmeer sind durch Meerstraen verbunden; als solche gelten auch Flsse, wie Donau und Nil. - Der Okeanos ist eine mchtige Meeresstrmung, welche die Erdscheibe rings umfliet und in sich zurckstrmt,' zumeist umfliet er das Auenmeer, an einzelnen Stellen jedoch berhrt er den Inselkranz. - Das westliche Mittelmeerbecken mit Italien und Sizilien, ja sogar bei Kerkyra ist Homer ein wahres Wundergebiet,- seine abenteuerlichen Vorstellungen drften auf Berichte phoinikischer Seefahrer zurckgehen, die in ihrem Wagemut vom Atlantischen Ozean nicht abgeschreckt wurden und von ihren Fahrten viele Wunderdinge zu erzählen wuten.
49. Die Stndegliederung.
Die Brger zerfielen in Adlige und Gemeinfreie,- doch waren jene allein vollberechtigt, während diese unter dem Drucke des Adels zu voller Bedeutungslosigkeit herabgesunken waren, wie das besonders in den Volksversammlungen hervortritt. Aus dem Adel wurde der Rat der Geronten gebildet, den der König bei allen wichtigen Ange-legenheiten erst hren mu; dieser tagt im Megaron des kniglichen Palastes beim Mahle, wobei der Gerontenwein getrunken wird.
Der König ist unter den Adligen wenig mehr als der primus inter pares. Die dem patriarchalischen Knigtum berhaupt zukommenden Vorrechte eines Oberpriesters, Oberrichters und Feldherrn stehen auch dem homerischen Könige zu. Seine Einknfte setzen sich zusammen aus freiwilligen und fest bestimmten Beitrgen des Volkes und dem (Ertrage des Krongutes (ro re/nevog). Besondere Abzeichen seiner Wrde hat er nicht: das Szepter trgt er nur dann, wenn er gerade die anordnende oder ratende Person ist. Dasselbe war da-mals nicht das Abzeichen einer kniglichen Machtstellung, sondern kennzeichnete blo den jeweiligen Inhaber einer ffentlichen Handlung, z. B. einen Richter beim Rechtsprechen, einen Redner in einer ffentlichen Versammlung, einen Herold als ffentlichen Abgesandten usw.
Auer den Adligen und Gemeinfreien gab es noch wenig geachtete Beisassen (Klienten, ot fierardtai) und freie Arbeiter (ol &rjrs). Dazu kamen noch die Sklaven.
In den Zustand der Sklaverei geriet man durch Abstammung von Sklaven, durch Kriegsgefangenschaft und durch den hauptschlich von den Phoinikern betriebenen, sehr eintrglichen Menschenraub. Die Behandlung war meist nicht hart, vielfach sogar recht herzlich und vertraut, wie die Stellung des Sauhirten (Eumaios und ebenso der Eury-kleia, der Amme des Odysseus, beweist.
50. Das Erwerbsleben.
3u Homers Zeiten herrschte die sogenannte Naturalwirtschaft.
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281
chischem Boden gefundenen antiken Kostbarkeiten dem Lande verbleiben; daher befinden sich alle diese Schtze jetzt im sog. Schliemannsaale des Zentralmuseums.*)
4. Die Hauptbedeutung der Ausgrabungen in Mykene.
Die reichen Goldfunde brachten die Gelehrten anfangs auf den Gedanken an eine auslndische Herkunft, z. B. von den im 3. Jahrhundert n. Chr. in Griechenland einfallenden Herulern aus Sdruland. Als man jedoch in richtiger Wrdigung des Schliemannschen Wortes: Die Topfscherben sind das Fllhorn archologischer Weisheit" anfing, die Vasen und Scherben aus Mykene zu sammeln und zu durchforschen, da stellten die beiden deutschen Professoren Furtwngler in Mnchen und Lschke in Bonn eine bisher unbekannte griechische Kulturepoche fest, die jetzt die mykenische Kulturepoche benannt ist. Die durchweg mit der Tpferscheibe gearbeiteten Tongefe zeichnen sich aus durch eine gleichmige Dnne und sind zumeist mit Spiralornamenten und Seemotiven (als Seepflanzen, Wellen, Fischen, Muscheln, Seesternen, Quallen, Polypen, langhalsigen Wasservgeln) ornamentiert, zeigen aber auch Sugetiere und kriegerisch gerstete Menschen, die durch eine schwchliche Gestalt, groe Augen, lange und spitze Nasen auffallen.2) Diese Kultur, die sich auf den Inseln des Mittelmeeres verfolgen lt, stellt die erste Blteperiode der zahlreichen, untereinander ver-bundenen Stmme des Inselmeeres dar und ist wohl in der Hauptsache einheimischen Ursprunges, rote die Seemuster zeigen. Gleichwohl lassen sich fremde Einflsse nachweisen, z. V. gyptische (u. a. ein Strauenei und die auf den oben erwhnten Dolchklingen dargestellten Palmen, Papyrosstauden, Lwen usw.), syrische, kleinasiatische, assyrisch-babylonische usw. Mit diesen Vlkern haben demnach die griechischen Völker des Inselmeeres in Handelsverkehr gestanden. Die Dauer dieser mykenischen Kulturperiode wird gewhnlich von ca. 1500 1100 v. Chr. geschtzt, während neuere Forscher zwei Epochen der myke-nischen Kunst annehmen und nach Funden in gypten, die denen in Mykene entsprechen, die Zeit der Schachtgrber um 1900, die der Kuppelgrber aber um 1500 ansetzen.3)
Die mykenische Kulturepoche wird neuerdings gewhnlich die
1) Galvanoplastische Nachbildungen liefert in groer Auswahl die Kunst-anstatt tn Geislingen-Steige in Wrttemberg.
2) Eine treffliche Charakteristik dieser Kultur gibt Drerup, Homer" 5.80, Mnchen 1903.
3) Durch die sogenannte dorische Wanderung wurde die mykenische Kultur unterbrochen. (Es trat ein Rckschritt ein, der sich in Griechenland in dem trockenen sog. geometrischen und dem sog. Dipylonstil zeigt (vgl. unter Athen, 96: Die Unterstadt innerhalb der Stadtmauer). Dieser Stil wird wohl mit Recht aufge-fat als die alte Bauernkunst, die schon vor der mykenischen, d. i. der hfischen Herrenkunst da war, unter und neben ihr sich hlt und nach ihrem Ende wieder herrschend wird. Vergl. die Rokokokunst in Deutschland, welche auch nur auf die Hfe und Städte sich beschrnkt, während auf dem Lande die alte Renaissance blieb (Schuchhardt)." (Vergl. Derup, Homer, S. 46).
19
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Extrahierte Personennamen: Furtwngler Dipylonstil
Extrahierte Ortsnamen: Mykene Griechenland Mykene Bonn Mykene Wrttemberg Griechenland Deutschland
— 49 —
Freunde, seine Tischgenossen, blieben bei ihm. Da erblickte er den König unter seiner Bedeckung, und nun hielt ihn nichts mehr, sondern mit den Worten: „Ich sehe ihn!" sprengte er aus ihn los und verwundete ihn mit einem Stoße aus die Brust durch den Harnisch, wie der Arzt Ktesias, der die Wunde seiner Aussage nach geheilt hat, versichert. Währenddessen warf ein anderer dem Cyrus mit großer Gewalt einen Wurfspieß unter das Auge. Da fiel Cyrus, und mit ihm wurden acht seiner vornehmsten Freunde niedergestreckt. Artapates aber, der getreueste seiner Zepterträger, sprang, wie man sagt, vom Pferde und warf sich über ihn hin. Hier ward er auf Befehl des Königs getötet; nach anderen stieß er sich selbst das Schwert in die Brust.
So endete Cyrus, ein Mann, der nach dem einstimmigen Urteile derer, die ihn kannten, seit Cyrus dem Älteren unter allen Persern am fähigsten und würdigsten war, ein Diadem zu tragen.
2. „Das Meer! Das Meer!"
Anabasis, Iv, Kap. 7. Nach M. Oberbreyer.
Als die Griechen eine große, reiche und bevölkerte Stadt, namens Gymnias, erreicht hatten, sandte ihnen der Beherrscher der Landschaft einen Wegweiser, um sie durch das Gebiet seiner Feinde zu führen. Er kam hierauf selbst und versprach mit Verbürgung seines Kopfes, sie in fünf Tagen bis in eine Gegend zu führen, von wo aus sie das Meer erblicken sollten.
Er übernahm nun die Leitung, und nachdem er sie in das gegen ihn feindlich gesinnte Land eingeführt hatte, forderte er sie auf, die Gegend mit Feuer und Schwert zu verwüsten. Da sah man, daß seine Dienstfertigkeit aus dieser Absicht und nicht aus Wohlwollen gegen die Griechen entsprang. Ant fünften Tage langten sie bei einem heiligen Berge, namens Techos an, und als die ersten feinen Gipfel erstiegen hatten und von ihm aus das Meer erblickten, erhoben sie ein großes Geschrei. Xenophon und der Nachzug gerieten dabei aus den Gedanken, daß eine feindliche Schar das Heer in der Front angriffe, weil die Einwohner der mit Feuer verheerten Landschaft ihren Rücken bedrohten. Einige der letzteren waren von den Truppen des Nachzugs, der sie aus einem Hinterhalte angriff, teils niedergehauen, teils gefangen worden, und man hatte bei dieser Gelegenheit gegen zwanzig geflochtene Schilde, die mit ungegerbten rauhen Ochfenhäuten überzogen waren, erbeutet. Als nun der Lärm stärker wurde und näher kam und die nachrückenden Truppen immer den Vorderzügen, wo ein unaufhörliches Geschrei unterhalten wurde, im Laufe zueilten und letzteres sich eben in dem Grade wie die Anzahl der Soldaten verstärkte, so glaubte Xenophoit eine wichtigere Veranlassung voraussetzen zu müssen. Er schwang sich also auss Pferd und sprengte in Begleitung des Lycius und der Reiterei zur Hilfe heran. Jetzt hörten sie sofort den fortlaufenden Zuruf der Soldaten: „Das Meer! Das Zurbonsen, Quellenbuch. I. 4
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Extrahierte Personennamen: Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Cyrus Gymnias
— 132 —
daraus hervorstürzten; von der ganzen Menge ward auch nicht eine Seele gerettet.
Alle Soldaten waren mit Beute so beladen, daß in Syrien das Psund Gold um die Hälfte seines Wertes im Preise sank. — Da die obere Stadt wegen ihrer Lage auf einem Abhange ohne Dämme nicht einzunehmen war, so beorderte der Caesar am 20. des Monats Loos die einzelnen Abteilungen seines Heeres zur Schanzarbeit. Nach achtzehntägiger Arbeit, am siebenten des Monats Gorpiaios, waren die Wälle vollendet, und die Römer rückten mit den Maschinen heran. Infolge ihrer Überzahl und Kraft wurden sie mit den verzagten und erschöpften Verteidigern der Mauer bald fertig. Mit gezücktem Schwert strömten sie nun in die Gassen, stießen jeden nieder, der ihnen in den Weg kam, und verbrannten die Häuser, in welche sich die Juden geflüchtet hatten, samt allem, was darin war. Ost, wenn sie der Beute wegen in ein Haus eingedrungen waren, fanden sie ganze Familien tot und die Dächer mit Leichen von Verhungerten erfüllt. Was ihnen in den Weg kam niederstoßend, versperrten sie die engen Gassen mit lauter Toten und überschwemmten die Stadt mit Strömen von Blut. Gegen Abend stellten sie das Morden ein, der Branb aber wütete die ganze Nacht htnburch fort, und am achten Gorpiaios beschien die Sonne die rauchenden Trümmer Jerusalems . . .
Die Gesamtzahl der in diesem Kriege gefangenen Juden belief sich aus 97 000, ums Leben aber kamen während der Dauer der Belagerung, eine Million und 100 000. —
92. Ausbruch des Vesuv und Tod des älteren Plinius, 79 n. Chr.
Bericht des jüngeren Plinius, der zur Zeit des Ausbruches mit seiner Mutter und feinem Oheim, dem gelehrten Plinius d. Alteren (geb. ‘23-n. Chr.), dem bamaligen Flottenbefehlshaber, in Miseuum ^ weilte, an den Geschichtsschreiber Tazitus.
Briefe, herausgeg. von R. C. Kukula, Leipzig 1904, Nr. 28. Nach W. Stoll.
1. Am 24. August, um die siebente Stunde des Tages [1 Uhr nach-mittags] meldete meine Mutter dem mit Studien beschäftigten Oheim, es zeige sich eine Wolke von ungewöhnlicher Größe und Farbe. Er erhob sich, forderte feine Sanbalen und stieg auf eine Anhöhe, von wo man die wunberbare Erscheinung am besten erblicken konnte. Aus der Ferne war es jeboch nicht möglich zu erkennen, von welchem Berge die Wolke aufstieg; später fanb es sich, daß sie sich vom Vesuv erhob. Ihre Gestalt war etwa der eines Pinienbaumes ähnlich, dem: sie schoß wie mit einem sehr hohen Stamme in die Höhe und breitete dann gleichsam ihre Zweige aus. Ich glaube, die Wolke wurde durch einen plötzlichen Windstoß empor-getrieben, der nach obenhin abnahm, oder das Gewicht der Wolke selbst drückte sie ttneber abwärts, so daß sie sich in der angegebenen Weise aus-
T) Hafenstabt am heutigen Vorgebirge Punta. bi Miseno in Kampanien, später von den Sarazenen zerstört.
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Extrahierte Personennamen: Tazitus C._Kukula W._Stoll August
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Mittelalter
— 130 —
entblößt. Es waren alles junge Leute, keiner über 30 Jahre, sonst gut gebaut, von schöner Gestalt und gutmütigen Gesichtszügen. Das Haar war grob wie die Mähne eines Pferdes und nicht sehr lang; sie lassen nämlich das Haupthaar nur zur Höhe der Augenbrauen wachsen, mit Ausnahme des Hinterkopfes, wo sie einen Teil der Haare niemals abschneiden.
Der Hautfarbe nach gleichen sie den Bewohnern der Canarien, welche weder weiß noch völlig dunkel sind. Einige von ihnen bemalen sich schwarz, andere weiß, andere bunt oder wie es ihnen einfällt, einige das Gesicht, andere den ganzen Körper, noch andere die Ringe um die Augen oder auch nur die Nase. Sie führen keine Waffen und kennen ihren Gebrauch nicht; denn als ich ihnen einen Degen zeigte, griffen sie unbedachtsam in die Klinge hinein und verwundeten sich. Eisen besitzen sie nicht, denn ihre Speere führen keine Klingen, sondern sind Stangen, an deren Ende ein Fischzahn oder irgend etwas anderes befestigt ist. Alle ohne Ausnahme sind von hohem Wüchse und regelmäßigen, gewinnenden Gesichtszügen. Da ich bei einigen von ihnen am Leibe vernarbte Wunden bemerkte und sie durch Zeichen befragte, was das bedeute, gaben sie mir
durch Gebärden zu verstehen, daß bisweilen von den benachbarten Inseln Feinde landen, die sie wegschleppen wollten und gegen die sie sich verteidigten, weshalb ich vermutete, daß von dem Festlande aus ein Menschenraub betrieben wird. Die Eingeborenen mögen brauchbare Sklaven liefern; auch scheinen sie ausgeweckt, denn sie sprechen sehr rasch alles nach, was man ihnen vorsagt; zum Christentum werden sie sich leicht bekehren lassen, da sie allem Anschein nach keine Religion besitzen. Wenn es Gott gefällt, werde ich vor meiner Abreise sechs von ihnen Ew. königl. Hoheiten zuführen, damit sie das Spanische erlernen. —
90. Vasco da Gaum auf der Fahrt nach Ostindien.
Aus ($amoen§ „Lusiaden".
Luiz b e Camo6 ns, Portugals größter Dichter, geb. 1524 zu Lissabon, nach einem schicksalsreichen Leben gest. 1580 daselbst im Elende, schildert in feinem gewaltigen Epos „Lusiadas" (10 Gesänge in Stanzen), d. i. Nachkommen des Lusus, des sagenhaften Ahnherrn der Portugiesen, Vascos Entdeckungsfahrt nach Indien und die Taten der portugiesischen Helden daselbst. Das der Weltliteratur angehörende Werk (erste Ausgabe erst 1572 Lissabon) ist in alle Sprachen übersetzt; von den sieben deutschen Übersetzungen gilt als klassisch die in der Gesamtausgabe des Camoens von W. Stores, 6 Bde., Paderborn 1874—84; daraus die folgenbe Probe, 1. Gesang, Str. 19 ff.
Schon kamen sie durch's offne Meer gezogen.
Wo leicht die ruhelose Fahrt sie trug:
Das Segelwerk, sanft aufgebauscht im Bogen,
Durchsäuselte gelinder Lüfte Zug;
Mit weißem Schaume waren rings die Wogen Der See bedeckt, allwo der Schiffe Bug Im raschen Lauf durchschnitt die hetfgen Wellen,
Drin Proteus' Herden sich zum Spiel gesellen: —
Robben.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
42
Eine Donaureise.
Über all dem ist ein Hauch von Romantik wie dort an
den Stromwinduugen zwischen Rüdesheim und St. Goar.
Dann ändert sich das Bild. Wir rasten auf der
Höhe des Leopoldsberges bei Wien und gewähren der
Einbildungskraft ihr abwechslungsreiches Spiel. Was
hat diese Höhe nicht alles gesehen: vom ockerbemalten
Troglodyten, der in den Sandsteinklüftnngen der Um-
gebung hauste, als das weite Marchfeld uoch von den
Fluten eines Binnenmeeres bedeckt war, bis zur aus-
gelassenen Sommerlust der iu den benachbarten Buchen-
beständen sich tummelnden Wiener Ausflügler. Dieselbe
Höhe hat auch auf die im Strome schwimmenden Wacht-
schiffe der Römer herabgefchaut, alsdann auf die aus den
unermeßlichen Wäldern des Nordens hervorschwärmen-
den Horden, später ans die Hunnen und Magyaren,
Kreuzfahrerheere und schwedische Schwadronen, zuletzt
auf die brennenden Dörfer, in welche die Banden des
Großsultans die Brandfackel geschleudert hatten. . . .
Wo uoch in halbvergangener Zeit ein Archipel von Busch-
iuseln im Nebel der Ferne sich verlor und schlangen-
förmig gewundene Stromarme träge dahinfchlichen, fällt
der Blick anf das schnurgerade, breite, mächtige Bett des
gebändigten Stromes, eines der großartigsten Hydro
technischen Werke des Jahrhunderts. Draußen reihen
sich die friedlichen Dörfer aneinander, dazwischen zieht
der Ranch der Lokomotiven, in dein sonnbeglänzten Bo-
den aber liegt der Staub der Mammuthjäger und rosten
keltische Schwerter.
Ganz allmählich gleiten wir auf den lautlosen
Wellen aus der abendländischen Kulturwelt in den mor-
genländischen Zauberkreis. Der Douauwalzer schwimmt
unmerklich in den Hnnyadi-Marsch hinüber, und das
Feuer des letztern verflüchtet in die monotonen Rhyth-
men der Gnsla, die dem einförmigen serbischen Helden-
lied so trefflich auf den Leib geschnitten ist wie das
graue Schilfmeer der Strommündung der euxinischeu
Wasserwildnis. . . . Aber soweit sind wir noch nicht.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
Eine Donaureise.
Durch das Tor von Theben tritt der Strom in die weite
oberungarische Tiefebene. Hier ist eine seiner verwil-
dertften Strecken, aber nach langem Zögern hat auch hier
die menschliche Hand bändigend eingegriffen. Hier ist
die Donau uicht mehr blau, sondern schmutzig graugelb.
Der Ungar nennt daher seinen heimatlichen Strom die
„blonde Donau". Blau aber ist der Himmel, eine unge-
henre Wölbung, die auf keine 'Bergeshäupter sich stützt.
In der unübersehbaren Weite flirrt ein Glanz, wie man
ihn sonst nur iu den südlichen Himmelsstrichen antrifft.
Tie Einsamkeit wird zeitweilig unterbrochen von flat-
terndem Wasserwild oder in der Höhe kreisenden Weihen.
Vom öden Ufer steigt eine graue Rauchsäule kerzengerade
zum Himmel, einzelne Gestalten zeigen sich in der Blen-
dung wie auf Goldgrund hingekleckst, in bläulichem Duft
verschwinden die Fernen. Die weißen Fischer am Ufer
statuenhaft unbeweglich, das graue Gebüsch neben den
gewundenen Kanälen, — da und dort lange Reihen von
Schiffmühlen, Remorqnenrs, Kähne und neuester Zeit
die Tausende von Arbeitern mit ihren Werkzeugen und
Maschinen, mittels welcher dem Strom ein tieferes Bett
vorgezeichnet werden soll, — dazu das unruhige Lebeu
im Schilf, wo die Sandläufer und Regenpfeifer sich
tummeln und großblätterige Wasserpflanzen sich schaukeln:
das alles ist außerordentlich malerisch.
Alsdann sind wir in Budapest, der goldenen Gürtel--
schließe, welche die Donau des Westens mit der Donau
des Ostens verbindet. Zwei Welten, grundverschieden
in der Gestaltung der Landschaft, des Volkslebens und
der Geschichte, finden am Ufersaume der magyarischeu
Schwesterstädte ihre Verknüpfung. Er'gübe sich diese
Tatsache nicht aus sich selbst, aus geographischen und
ethnographischen Verhältnissen: die Ausschau voiu St.
Gerhardsberg (Blocksberg) in Ofen müßte diesen Sach-
verhalt mit einem Schlage vermitteln. . . . Unübersehbar
weit dehnt sich nach Süden und Südosten die Ebene, ein
anderes Meer, welchem wie dem blaueu Ozean der
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Fischer Blocksberg
Extrahierte Ortsnamen: Theben Budapest Gerhardsberg
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
Märkische Brückenstädte an der Svree.
gelegene, etwa Überschwemmungen ausgesetzte Straße
verödete wieder.
Daß überhaupt an Übergangspunkten über Flüsse
und Täler gern Ortschaften entstehen mußten, bedars
keines Beweises. Der Übergang war meist mit Aufeut-
halt verknüpft, bisweilen mußte man tage-, selbst Wochen-
lang auf eine Besserung der Wasser- oder Eisverhältnisse
warten. Da wurden Schutzhäuser für die Karawanen,
ihre Zug- und Lasttiere und Waren notwendig, Hand-
werker siedelten sich an, und zuletzt kam auch ein Schanz-
werk mit Besatzung zur Deckung des Überganges, sowie
eine Kirche oder Kapelle hinzu.
Welche Vorzüge mußten aber die zum Übergang
geeigneten Örtlichkeiten bieten? Diejenigen Stellen
waren offenbar die günstigsten, an denen die Breite des
Tales möglichst gering war. Man suchte, soweit es
irgend ging, auf trockenem, hohem Lande an den Fluß
heranzukommen, und wir finden deshalb mit merk-
würdiger Regelmäßigkeit viele in das Sumpfland der
Täler vorspringende Halbinseln ! mit gewöhnlich sehr
alten Städten und Ortschaften besetzt. Am günstigsten
ist es, wenn beide Ufer des Tales einengende Vor-
fprünge zeigen, doch wurde auch schon die günstige Ge-
staltung nur eines Ufers felten unbenutzt gelassen.
Waren Inseln im Fluß, so konnten sie den Übergang
dann sehr erleichtern, wenn sie nicht allzu niedrig und
auch nicht zu groß waren. Umströmte ein Fluß eine sehr
ausgedehnte Insel, so wurde die Überschreitung der bei-
den Hauptarme durch einen allzu langen Zeitraum ge-
trennt und konnte wohl nicht mehr unter dem Schutze
und mit den Hülssmitteln einer und d e r s e l b e n
Ausiedlung ausgeführt werden. Man passiert lieber
e i n m a l einen etwas breitern Strom als heute den
ersten Arm und morgen oder übermorgen unter Wieder-
holung des ganzen umständlichen Prozesses den zweiten.
Anders lag die Sache, weun die Insel so klein war, daß
beide Stromarme etwa im Verlauf eines halben
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
94
Bilder aus dem Spreelande.
teile namentlich die schwierigere Heranführung der
Bahnlinien gewiß sehr überwiegen.
Unterhalb Berlins treten sofort die Höhenränder
wieder zurück, der Fluß strömt zwischen feuchten Wiesen
hin. Eine rasch vorübergehende nochmalige Einengung
des Tales zwischen der Nordspitze des Grunewaldes und
den unerheblichen Höhen bei Haselhorst bleibt wirkungs-
los, da die Spree hier keine Erleichterung des Über-
ganges bietet und die Zugänge von beiden Seiten ver-
steckt und weniger bequem liegen. So wird die Ver-
einignng der Spree mit der Havel erreicht, welche durch
die Wasserfestung S p a n d a n bezeichnet wird.
15. Bilder aus dem Spreelande.
Th. Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. 2. verm.
Auflage. I. Teil. Berlin 1865, Verlag von Wilh. Hertz (Besfersche
Buchhandlung). S. 449—456; 457—461. (Gekürzt.)
1. Die Wüggelsberge.
Es rührt kein Blatt sich, alles schläft und träumt,
Nur je zuweilen knistert's in den Föhren,
Die Nadel füllt, — es ruht der Wald.
S ch e r e n b e r g.
Inmitten des quadratmeilengroßen Wald- und
Jnseldreiecks, das Spree und Dahme kurz vor ihrer Ver-
einignng bei Schloß Köpenick bilden, steigen die höchsten
Berge unserer Mark, die „Müggelsberge", unvermutet
und unvermittelt aus dem Flachland auf. Sie liegen
da wie der tote Rumpf eines fabelhaften Wassertiers, das
hier in sumpfiger Tiefe zurückblieb, als sich die großen
Fluten der Vorzeit verliefen.
Diese Müggelsberge sind ein höchst eigentümliches
Stück Natur, ganz abweichend von den Bergformationen,
denen wir sonst wohl in nnserm Sand- und Flachlande
begegnen. Unsere märkischen Berge (wenn man uns
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Extrahierte Personennamen: Schloß_Köpenick
Extrahierte Ortsnamen: Berlins Haselhorst Brandenburg Berlin
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
Der Hardangerfjord. 14c>
Bedeutung der geographischen Beschaffenheit eines Weges
für die Entwicklung >der Verkehrsmittel auch im Welt-
verkehr. Denn da der Sueskanal und die Rote Meer-
linie im Großen nur für den Dampferverkehr in Frage
kommen, so haben wir in der Eröffnung dieser Route
eine der Hauptursachen für die Schnelligkeit zu sehen,
mit denen in den letzten Jahrzehnten der Sieg des
Dampfes über das Segel sich vollzog.
Alle aus dem Vorhergehenden sich ergebenden Tat-
sacken lassen uns ferner verständlich erscheinen, daß Groß-
britannien mehr als jedes andere Land der Welt darauf
angewiesen ist, eine sehr starke Rüstung zur See sein
eigen zu nennen. Abgesehen von dem Schutz der Küsten
selbst und der Verbindung mit den Kolonien gilt es,
ungeheure schwimmende Werte zu sichern. Ist doch die
absolute Größe der britischen Handelsflotte im Jahre
1905 bereits auf mehr als 17 Millionen Tonnen ge-
stiegen! Das ist fast fünfmal die Größe der gleichzeitig
vorhandenen deutschen und rund sechsmal derjenigen der
nordamerikanischen Handelsflotte. In der Tat, ein
Besitz, der mehr als lange Ausführungen den engen
Zusammenhang zeigt, der zwischen den Bewohnern dieses
Landes und denen der fernsten Gebiete unseres Erdballs
besteht, und den noch enger und fester zu gestalten, von
manchen britischen Politikern auf das Entschiedenste
angestrebt wird.
5. Der Hardangerfjord.
Alexander Baumgartner: Durch Skandinavien nach St. Peters-
bürg. 3. Aufl. Ii. Band der „Nordischen Fahrten/' Freiburg i.
Breisgau 1901, tzerdersche Verlagshandlung. S. 34-48. (Gekürzt.)
Eine Z^stündige Skydsfahrt brachte mich von Bosse-
vangen nach Eide, das an einem Seitenfjord des Har-
danger sehr romantisch gelegen ist. Über 70 km von der
.eigentlichen Küste weg hat sich hier das Meer — der leib-
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Extrahierte Personennamen: Alexander_Baumgartner Alexander